Direkt zum Text

Erschließung der Lorscher Handschriften

Handschriftenbeschreibung

Die in die „Bibliotheca Laureshamensis – digital“ aufgenommenen Manuskripte wurden unter kodikologischen und inhaltlichen Aspekten erschlossen. Ziel war es, den aktuellen Forschungsstand wiederzugeben.

Zu jeder Handschrift bzw. zu jeder Fragmentengruppe (d.h. einer Gruppe von ehemals zusammengehörigen Fragmenten) wurden einzelne Beschreibungen angefertigt. Grundlage hierfür bildeten neben den Arbeiten von Bernhard Bischoff und Hartmut Hoffmann insbesondere bereits vorliegende Handschriftenkataloge. Die dort gefundenen Informationen wurden anhand digitaler Reproduktionen geprüft, gegebenenfalls ergänzt und die verwendete Sekundärliteratur in der Bibliographie am Ende jeder einzelnen Beschreibung notiert. In den Beschreibungen selbst wurde nur in einigen Fällen, etwa bei voneinander abweichenden Aussagen, die Quelle zu den Angaben vermerkt.

Im Rahmen der Rekonstruktion einer historischen Bibliothek ist naturgemäß besonderes Augenmerk auf die Erschließung von Entstehungsort und -zeit sowie Provenienz zu legen; deshalb wurden die Literaturangaben hier vermehrt an Ort und Stelle gegeben. Zu dem Entstehungsort und der Entstehungszeit wurde stets vermerkt, ob die Angaben auf Bischoff und/oder Hoffmann beruhen. Abweichungen in sonstiger benutzter Literatur wurden nur in gravierenden Fällen notiert.

Um die Handschriften möglichst vielen Interessen und Fachrichtungen zugänglich zu machen, wurden nach paläographischen, kunsthistorischen, musikwissenschaftlichen und philologischen Kriterien sowie in Hinsicht auf Fragen nach Wissenstransfer und der Nutzung der Manuskripte weitere Erschließungskategorien beachtet und die entsprechenden Angaben nach einem einheitlichen Schema notiert. Aufgrund der Heterogenität der zugrundeliegenden Literatur konnte hierbei jedoch sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Quantität der angebotenen Informationen keine Einheitlichkeit erreicht werden. Dies gilt zum Teil auch für rein kodikologische Angaben wie z.B. Lagenformeln.

Der Inhalt der Handschriften wurde vollständig erschlossen und unter Angabe von Initien, maßgeblichen Referenzwerken und (Online-)Editionen, wenn möglich, genau identifizierbar gemacht.

Zahlreiche Lorscher Handschriften wurden im Laufe der Zeit mit anderen Handschriften verschiedener Herkunft zusammengebunden und liegen heute als Faszikel eines Sammelbandes vor. Um den historischen Bestand zu dokumentieren, sollte jedoch auch in diesen Fällen in der Regel die gesamte Handschrift digitalisiert wie auch beschrieben werden. Der Erschließungsgrad der nicht aus Lorsch stammenden Faszikel ist jedoch weniger tiefgreifend. Bände, in denen sich nur Fragmente von Lorscher Handschriften befinden, wurden lediglich mit den wichtigsten bibliographischen Daten notiert.

Die Beschreibungen jeder einzelnen Handschrift bzw. jeder Fragmentengruppe wurden zum einen im PDF-Format – eingebunden in die Online-Präsentation der jeweiligen Handschrift – bereitgestellt. Zum anderen wurden alle ermittelten Informationen in eine eigens hierfür eingerichtete Datenbank eingespeist, um einen systematischen Zugriff auf das Lorscher Handschriftenerbe zu ermöglichen. Die Inhalte der Datenbank stimmen mit den PDF-Katalogisaten überein.

Aufbau und Erschließungskategorien der Handschriftenbeschreibungen

Die Handschriftenbeschreibungen sind nach einem einheitlichen Schema aufgebaut. Grundsätzlich weisen sie folgende Einteilung auf: Einführend werden Aufbewahrungsort und Signatur sowie eine kurze Verschlagwortung des Inhalts der Handschrift notiert. Darauf folgen Angaben zum Äußeren und zum Inhalt der Handschrift; unter „Inhalt“ wird – nach einem Kurzüberblick – der im Folgenden erläuterte Kategorienblock für jeden Text und ggf. Nachtrag wiederholt.

Handelt es sich um einen Codex, der aus mehreren ursprünglich selbständigen Teilen zusammengesetzt ist, wozu auch Fragmente gezählt werden, weichen die Beschreibungen im Aufbau etwas ab. Nach Aufbewahrungsort und Signatur werden zunächst allen Teilen gemeinsame Informationen zum Äußeren gegeben (i.d.R. die kodikologischen Angaben einschließlich derjenigen zum Einband und zur Provenienz). Darauf folgt ein Kurzüberblick über den Inhalt der gesamten Handschrift. Im Anschluss werden alle einzelnen Teile jeweils hinsichtlich ihres voneinander abweichenden Äußeren und ihres Inhalts in der Reihenfolge ihres Vorkommens in der Handschrift gesondert beschrieben, wie auch die kurze inhaltliche Verschlagwortung einführend zu jedem einzelnen Teil separat erfolgt. Literaturangaben werden, auch wenn sie sich lediglich auf das Äußere nur eines Teils der Handschrift beziehen, am Ende des Abschnitts zum gemeinsamen Äußeren der Handschrift notiert.

Aufbewahrungsort und Signatur der jeweiligen Handschrift werden am Anfang jeder Beschreibung vermerkt. Darauf folgen kurze Hinweise zum Inhalt der Handschrift (Autor bzw. Sachtitel oder Inhaltsbezeichnung). Neben der Sprache der Haupttexte, in fast allen Fällen die lateinische, finden sich ggf. auch Angaben zu anderssprachigen Glossen (Sprache). Die thematischen Informationen werden in einer weiten Verschlagwortung notiert (Thema / Text- bzw. Buchgattung). Der Rest der Beschreibung ist in „Äußeres“ und „Inhalt“ geteilt:

Äußeres

Entstehungsort
nach B. Bischoff und/oder H. Hoffmann (s. oben)
Entstehungszeit
nach B. Bischoff und/oder H. Hoffmann (s. oben)
Typus (Überlieferungsform)
vorkommende Formen: Codex bzw. Faszikel (ursprünglich selbständige Handschrift) oder Rotulus und Fragment
Beschreibstoff
Pergament oder (selten) Papier
Umfang
in arabischen Ziffern, moderne Vorsatz- und Nachstoßblätter in römischen Ziffern
Format (Blattgröße)
Höhe x Breite in Zentimetern
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
i.d.R. in Form einer Lagenformel; ggf. nähere Angaben zu fehlenden oder nachträglich eingefügten Blättern, zugehörigen Fragmenten oder ursprünglich selbständigen Teilen (Faszikeln) u.ä.
Seiten-, Blatt-, Lagenzählung
Zeitraum und Besonderheiten der Seiten- oder Blattzählung; ggf. auch Notierung von Lagenzählungen oder -kennzeichnungen
Zustand
Informationen zu Abnutzungserscheinungen (aus späterer Zeit) – wie z.B. Tintenflecken –, die häufig auch auf eine Benutzung der Handschrift schließen lassen, nicht aber zu heute fehlenden Teilen der Handschrift; s. auch „Zusammensetzung (Lagenstruktur)“ und „Nachträge und Benutzungsspuren“
Schriftraum
Höhe x Breite in Zentimetern
Spaltenanzahl
Zeilenanzahl
Schriftart
Benennung der Schrift, in der die Handschrift (ggf. auch für die Lorscher Herkunft relevante Teile) geschrieben wurde; für Auszeichnungsschriften s. „Layout“
Schreibstil nach Bischoff
Benennung des Lorscher Schreibstils in karolingischer Zeit (d.h. für Handschriften des späten 8. und des 9. Jh. aus dem Lorscher Skriptorium)
Angaben zu Schrift / Schreibern
nähere Informationen zur Schrift oder zu Schreibern bzw. Händen, Besonderheiten bei Buchstabenformen, Ligaturen, Abkürzungen etc. (insb. in Hinsicht auf das Lorscher Skriptorium); für Angaben zu Korrekturen, Anmerkungen, späteren Ergänzungen u.ä. s. „Nachträge und Benutzungsspuren“
Layout
Angaben zur Gestaltung der Texte wie z.B. zur Verwendung von Auszeichnungsschriften und Rubrizierungen, zu vergrößerten oder farbigen Buchstaben, Kapitelzählungen, Seitentiteln, Zitatzeichen u.ä.; für im engeren Sinne kunsthistorisch relevante Informationen s. „Buchschmuck“
Buchschmuck
Angaben zur Buchmalerei (Miniaturen und Zierinitialen sowie ggf. nachträgliche Zeichnungen/Skizzen), in der Terminologie nach Ch. Jakobi-Mirwald, Buchmalerei. Terminologie in der Kunstgeschichte, 3., überarb. u. erw. Aufl. Berlin 2008; für weniger künstlerisch ausgestaltete Auszeichnungsformen s. „Layout“
Nachträge und Benutzungsspuren
Notizen zu nachträglich eingefügten Texten oder Passagen sowie Informationen zu Korrekturen, Anmerkungen, Nota-Zeichen, Federproben u.ä. (auch solchen, die der Entstehungszeit der Handschrift zuzuordnen sind); s. auch „Zustand“
Einband
Angaben zur Zusammensetzung und zum Alter
Provenienz
Angabe von Orten, an denen sich die Handschrift einstmals befunden hat (in chronologisch aufsteigender Reihenfolge); für nähere Informationen zu den besitzenden Personen oder Institutionen s. „Kommentar zur Provenienz“
Kommentar zur Provenienz / Geschichte der Handschrift
insb. Informationen, die den Entstehungsort und die Provenienz präzisieren bzw. belegen (wie z.B. Stifter- oder Besitzvermerke)
Karolingische Bibliothekskataloge
Notierung von Verzeichnungen der Handschrift oder zumindest inhaltsgleicher Handschriften in den erhaltenen Katalogen der Lorscher Bibliothek aus dem 9. Jh. nach A. Häse, Mittelalterliche Bücherverzeichnisse aus Kloster Lorsch. Einleitung, Edition und Kommentar, Wiesbaden 2002
Besonderheiten
Faksimileausgabe
Bibliographie
Verzeichnung von der Beschreibung zugrundeliegender Literatur (in chronologisch aufsteigender Reihenfolge)

Inhalt

Verfasser
Autor des Textes in normierter Form (nach ThLL, MlatWB, CPL, Gryson , Rép., CALMA, Rep. font.)
Titel
Titel in normierter Form (nach ThLL, MlatWB, CPL, Gryson , Rép., CALMA, Rep. font.)
Angaben zum Inhalt
genauere Angaben zum Textaufbau, zu Auslassungen, Umstellungen und Zusätzen (Nachträge werden i.d.R. gesondert aufgeführt); bei Blattverlusten Verzeichnung des Anfangs bzw. des Endes, an dem der Text in der Handschrift einsetzt bzw. abbricht (wenn also ein Incipit oder Explicit nicht mehr vorliegt)
Rubrik (incipit)
Titelangaben bzw. Überschriften aus der Handschrift (ohne Beachtung evtl. vorangestellter Kapitelverzeichnisse) in diplomatischer Abschrift
Incipit
Verzeichnung des Anfangs des eigentlichen Textes (wozu auch Vorworte gezählt werden, aber ohne Beachtung evtl. vorangestellter Kapitelverzeichnisse) in diplomatischer Abschrift; weitere Initien nach einem ggf. vorhandenen Vorwort oder von (nach heutigem Forschungsstand erkennbaren) Zusätzen sowie von in der Handschrift durch das Layout deutlich abgesetzten Passagen werden unter „Angaben zum Inhalt“ notiert
Explicit
Verzeichnung des Textendes, einschließlich von (i.d.R. ähnlich der Rubrik hervorgehobenen) Schlussformeln, in diplomatischer Abschrift
Edition / Textausgabe
Angabe von maßgeblichen Textausgaben (ggf. mit Notierung, ob die vorliegende Handschrift benutzt wurde oder dem Herausgeber zumindest bekannt war) und ggf. der Datenbank, über die sie online zugänglich sind
Literaturhinweise
i.d.R. Verweise auf Repertorien mit weiterführenden Informationen und Literaturangaben; Hinweise auf grundlegende Monographien oder Aufsätze werden ggf. am Schluss angefügt

Zitate aus Handschriften werden weder im Wortlaut noch orthographisch normiert, sondern, kursiv hervorgehoben, in diplomatischer Abschrift geboten. Aufgrund der zahlreichen Abweichungen vom klassischen Latein werden Hinweise auf mittelalterliche Schreibweisen (mittels „sic“) i.d.R. nur dann gegeben, wenn Missverständnisse bzgl. der Bedeutung entstehen könnten. Abkürzungen werden, wenn möglich, stets aufgelöst, und zwar bei Eindeutigkeit ohne Kennzeichnung, ansonsten in eckigen Klammern []. Die Auflösung erfolgt nach der Orthographie der jeweiligen Handschrift, bei zu großer Uneinheitlichkeit nach der klassischen Schreibweise. Alle weiteren ergänzten Buchstaben, Wörter oder Passagen werden ebenfalls in eckige Klammern [], erklärende und sonstige Zusätze wie Blatt- oder Stellenangaben in runde Klammern () gesetzt. Die Verwendung von Auszeichnungsschriften oder Rubrizierung in den Handschriften werden durch spitze Klammern >< kenntlich gemacht. Textabbruch (i.d.R. aufgrund von Blattverlust) wird mittels zweier Schrägstriche // angezeigt.

Verzeichnis der für die Katalogisierung benutzten Literatur

Suche in den Handschriftenbeschreibungen – Technische Umsetzung

Die Lorscher Handschriftenbeschreibungen wurden in der Datenbank des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB) erfasst. Dies ermöglichte die einfache Einbindung von normiertem Vokabular sowie den Nachweis in überregionalen und internationalen Datenbanken. Anlässlich der ausführlichen Erschließung der Lorscher Codices wurden eigene Richtlinien für die Katalogisierung von Handschriften im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund (SWB) festgelegt. Diese sind im Katalogisierungshandbuch in dem Kapitel „Handschriften und Handschriften-Digitalisate“ dokumentiert.

Aus der SWB-Katalogisierungsdatenbank wurden die Handschriftenbeschreibungen in eine projekteigene Datenbank überführt. Über die Suche kann differenziert in den Erschließungsinformationen zu den Lorscher Codices recherchiert werden. Alle Datensätze sind mit direkten Links zu der Präsentation der Digitalisate versehen. Die projekteigene Datenbank wurde mit der Software Koha – Open Source ILS (Integrated Library Systems) realisiert und wird vom Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) gehostet.

Für geeignete Recherchestrategien siehe Hilfe zur Suche.

Universitätsbibliothek HeidelbergUnesco Welterbestätte Kloster LorschBundesland Hessen