Right down to the text

Glossar zu Lorscher Handschriften

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

A

Allacci-Signatur
Inventarnummern der 1622/23 aus der Heidelberger Bibliotheca Palatina nach Rom verbrachten Bücher. Der griechische Gelehrte Leone Allacci (1586-1669) war vom Vatikan nach Heidelberg entsandt worden, um den Abtransport der Bücher zu organisieren. Den sog. Allacci-Signaturen, einer fortlaufenden Nummerierung, sind die Nummern (gekennzeichnet mit einem C für lat. capsa oder ital. cassa „Kasten, Kiste“) der jeweiligen Transportkiste vorangestellt.
Älterer Lorscher Stil (s. Lorscher Schreibstile)
Auszeichnungsschrift
Vom Text durch Schriftart, Größe und/oder Farbe hervorgehobene Schrift, die zur Auszeichnung verwendet wird, z.B. für Titel oder Kapitelüberschriften. Hierzu wurden im Früh- und Hochmittelalter i.d.R. Majuskelschriften gebraucht, in denen in der Antike noch der gesamte Text geschrieben wurde.

B

Benutzungsspuren
Alle Arten von Spuren, die auf eine Benutzung hinweisen. Dabei kann es sich um Tintenflecken, Federproben, kleine Musterzeichnungen oder einfache Risse handeln, aber auch um bewusst vorgenommene Eintragungen, wie z.B. Zeigehände und Notazeichen (z.B. Vatikan, BAV, Pal. lat. 253, fol. 12v), die man als mittelalterliche ‚Textmarker’ bezeichnen könnte.
Beschreibstoff
Die Unterlage, auf die geschrieben wird. Bei mittelalterlichen Handschriften handelt es sich um Pergament, das aus Tierhäuten hergestellt wird, meistens von Kalb, Ziege oder Schaf. Zur Herstellung des Pergaments wird die Haut zuerst in Lauge gebeizt, geschabt und zur Trocknung aufgespannt, bevor es (nach eventuellen weiteren Bearbeitungsschritten) als Beschreibstoff genutzt werden kann. Die Herkunft zeigt sich auch in Haar- und Fleischseite des Pergaments. Auf der raueren ersteren sind oft noch Poren und sogar Haar zu erkennen, während die letztere glatter ist. Das in Deutschland erst seit dem Spätmittelalter bekannte Papier ist unter den hauptsächlich aus Früh- und Hochmittelalter stammenden Lorscher Handschriften kaum vertreten.
Besitzvermerk
Einträge, meist am Anfang oder auch am Ende der Handschrift notiert, die den Besitzer nennen. Zu beachten ist, dass bei Klosterbibliotheken als Besitzer der Patron des Klosters angesehen wird. Deshalb wird im Fall von Lorsch regelmäßig dessen Schutzpatron Nazarius genannt. Ein gängiger Besitzvermerk lautet: Codex de monasterio sancti Nazarii (quod nominatur Lauresham).
Blattzählung (s. Foliierung)
Buchblock
Bezeichnet den Teil des Buches, der von Blättern gebildet wird, also den Buchinnenteil (ohne den Einband).
Buchmalerei / Buchschmuck
Künstlerische oder kunsthandwerkliche Ausschmückung von Büchern. In mittelalterlichen Handschriften unterscheidet man insbesondere Initialen, Miniaturen bzw. Illustrationen und Federzeichnungen. In Lorscher Handschriften sind alle Kategorien vertreten: von nachgetragenen einfarbigen Federzeichnungen bis hin zu mehrfarbigen oder mit Gold illuminierten Initialen und – wenn auch relativ wenige – Miniaturen. Als herausragende Prachthandschrift ist das „Lorscher Evangeliar“ (Alba Iulia, Bibl. Batthyáneum, Ms R II 1 und Vatikan, BAV, Pal. lat. 50) zu nennen. Weitere Informationen zur Buchmalerei in Lorsch

C

Capitalis quadrata
In der Antike entwickelte Majuskelschrift. Sie zeichnet sich durch monumental wirkende Buchstabenformen aus, die mehr oder weniger in ein Quadrat passen. In Lorscher Handschriften wurden Majuskelschriften, wie im gesamten Mittelalter, vor allem zur Hervorhebung verwendet (s. auch Auszeichnungsschrift).
Capitalis rustica
In der Antike entwickelte Majuskelschrift. Im Vergleich zur Capitalis quadrata wirkt sie filigraner und ihre Buchstaben sind vertikal gestreckter. In Lorscher Handschriften wurden Majuskelschriften, wie im gesamten Mittelalter, vor allem zur Hervorhebung verwendet (s. auch Auszeichnungsschrift).
Capitula
Mittelalterliches Inhaltsverzeichnis. Es listet einzelne Kapitel auf: manchmal mit ihren Überschriften, manchmal mit einer kurzen Inhaltszusammenfassung. Oft auch als Capitulatio bezeichnet.
Codex (lat. caudex „Holzblock“)
Blätter-Buch, bei dem Doppelblätter zu Lagen ineinandergelegt und diese zwischen zwei Holzdeckel gebunden sind. Der Codex existiert etwa seit dem 3./4. Jh. n. Chr. und ersetzte den Rotulus als gängige Buchform. Während der antike Rotulus aus Papyrus war, bestand der mittelalterliche Codex bis zur Einführung des Papiers aus Pergament (s. auch Beschreibstoff).

D

E

Einband
Besteht aus zwei Buchdeckeln und Buchrücken und hat die Funktion, die Blätter des Buches zu schützen und zusammenzuhalten. Im Mittelalter wurden Buchdeckel meist aus Holz gefertigt und mit Leder o.Ä. überzogen. In den meisten Fällen sind Originaleinbände jedoch nicht mehr erhalten, sondern wurden durch neuzeitliche Einbände ersetzt. Zum Schutz der Blätter vor mechanischen Schäden und Staub werden die Einbände/Bücher oft durch Schließen zusammengehalten. Einbände wurden oftmals verziert, auch in einem solchen Maße, dass man von regelrechten Prachteinbänden sprechen kann. Unter den Einbänden der Lorscher Handschriften gibt es einige besonders schöne Exemplare, wie z.B. die Elfenbeintafeln des „Lorscher Evangeliars“ (Vatikan, BAV, Pal. lat. 50) sowie den vergoldeten Metalleinband des „Seligenstädter Evangeliars“ (Darmstadt, ULB, Hs. 1957).
Exlibris
Eigentumsnachweis in Handschriften und Büchern. Dieser ist oftmals aufwendiger als ein einfacher Besitzvermerk. Viele Besitzer kennzeichneten alle ihre Bücher mit einem einheitlichen Exlibris, indem Kupfer- oder Holzstiche eingeklebt wurden; s. z.B. Heidelberg, UB, Cod. Pal. lat. 864, fol. 1**r).
Explicit
Schlussworte eines Textes. Der Begriff wird in Zusammenhang mit Handschriften verwendet. Er kann die Schlussworte des jeweiligen Textes oder eine Schlussformel (wie z.B. „explicit liber ...“) oder auch beides bezeichnen.

F

Federprobe
Schreibproben in einer Handschrift, mit der die Schreiber ihre Feder testeten (auf Tintenmenge oder Federschnitt). Oft handelt es sich hierbei um Buchstaben oder Wörter. Federproben befinden sich besonders häufig am Anfang und Ende einer Handschrift (auf alten Vorsatzblättern).
Federzeichnung (s. Buchmalerei / Buchschmuck)
Foliierung (lat. folium „Blatt“)
Meint Blattzählung. Bei Handschriften werden i.d.R. nicht die Seiten, sondern die Blätter des Codex gezählt. Zur Unterscheidung von Vorder- und Rückseite eines Blattes werden die Bezeichnungen recto (für die Vorderseite bzw. die rechte Seite eines aufgeschlagenen Buches) und verso (für die Rückseite bzw. die linke Seite eines aufgeschlagenen Buches) verwendet. Oft wurde die Foliierung von Handschriften erst später mit Bleistift nachgetragen, manchmal sogar erst im 19. und 20. Jh. (s. auch Lage).
Fragmente
Einzelne Blätter oder Pergament-/Papierstücke, die aus ihrem ursprünglichen Platz innerhalb einer Handschrift (absichtlich oder unbeabsichtigt) herausgelöst wurden. Oft handelt es sich hierbei um die letzten Überreste einer Handschrift; unter den Lorscher Manuskripten befinden sich einige, die nur noch fragmentarisch erhalten sind. Von manchen Handschriften sind sogar mehrere Fragmente erhalten, die im Rahmen des Projektes wieder digital zusammengeführt werden konnten (z.B. München, Bayerische Staatsbibliothek Clm 22215, 22251, 22384, 29476(1).

G

Glossen (griech.-lat. glossa „Zunge“ oder „Sprache“)
Bezeichnet Erläuterungen zu Textstellen. Dies bezieht auch reine Übersetzungen aus dem Originaltext in die Volkssprache ein. Befinden sich die Glossen zwischen den Zeilen, spricht man von Interlinearglossen. Wurden sie an den Rand geschrieben, spricht man von Marginalglossen. Der Umfang kann von einzelnen Wörtern bis hin zu ausführlichen Paratexten reichen. Daraus entwickelten sich (insbesondere zur Bibel oder zu Rechtstexten) regelrechte Glossenapparate, deren Umfang sogar den des Haupttextes übertreffen konnte. Sie sind häufig um den Text herum geschrieben und wurden als sog. Klammerglossen schon bei der Anlage eines Buches eingeplant.
Gotische Schriften
Gibt es in zahlreichen Ausprägungen, darunter befinden sich Minuskel- und Kursivformen. Seit dem 11. und 12. Jh. kam es zu einem allmählichen Übergang von der karolingischen zur gestreckteren gotischen Minuskel. In gotischer Zeit waren kursive und halbkursive Schriften, die zuvor eher als Gebrauchsschriften Verwendung fanden, auch als kalligraphische Buchschriften sehr verbreitet.
Das gotische Schriftwesen ist besonders durch die hohe Ausdifferenzierung in zahlreiche regionale und nach Textgattung bzw. -zweck sowie kalligraphischem Anspruch verschiedene Formen geprägt. Durch die insbesondere unter Rückgriff auf die karolingische Minuskel im 15. Jh. ausgebildeten humanistischen Schriften wurden die gotischen Schriften nach und nach von der natürlichen Entwicklung im lateinischen Schrifttum abgeschnitten.

H

Halbunziale
In der Spätantike entwickelte Majuskelschrift, die jedoch deutliche Merkmale der Minuskelschrift (insbesondere ausgeprägte Ober- und Unterlängen) aufweist. In Lorscher Handschriften wurden Majuskelschriften, wie im gesamten Mittelalter, vor allem zur Hervorhebung verwendet (s. auch Auszeichnungsschrift).
Hinterspiegel (s. Spiegel)

I

Illustration (s. Buchmalerei / Buchschmuck)
Incipit (lat. incipit „es beginnt“)
Anfangsworte eines Textes. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Öfter meint er (1) die Anfangsworte des eigentlichen Textes (auch Initium genannt), manchmal (2) eine Eingangsformel (auch Rubrik genannt), die bisweilen Autor und Werk benennt und somit einem heutigen Titel ähnelt. Die zweite Verwendungsweise entspricht eher dem Befund aus frühmittelalterlichen Handschriften, so wird etwa in Lorscher Codices aus dem 9. Jh. die Eingangsformel üblicherweise mit dem Wort „Incipit“ eingeleitet.
Initiale (lat. initialis „am Anfang stehend“)
Zierbuchstabe am Anfang eines Textes oder Textabschnittes. Er hebt sich durch Größe und künstlerische Ausgestaltung vom Rest des Textes ab (s. auch Buchmalerei / Buchschmuck).
Initium (s. Incipit)
Insulare Schriften
Im Frühmittelalter gab es vier große Schriftprovinzen: die Iberische Halbinsel, Italien, das Frankenreich und die britischen Inseln. Das letztere Schriftgebiet umschließt das irische und das angelsächsische Schriftwesen, deren Schriften unter dem Oberbegriff insulare Schriften zusammengefasst werden können. Das insulare Schriftwesen ist wesentlich durch die römische Halbunziale bestimmt. Aus dieser gingen Schriften hervor, die grob in zwei Gruppen unterteilt werden können: die runde insulare Halbunziale mit wenig ausgeprägten Ober- und Unterlängen und die spitze, teilweise krallenartige insulare Minuskel. Allen insularen Schriften ist die Ausbildung spachtelförmiger Abschlüsse an Schaft- oder, weniger, auch an Balkenenden gemeinsam. Durch die Mission und Klostergründungen irischer und angelsächsischer Mönche in der Merowinger- und der Karolingerzeit hatte das insulare Schriftwesen einen besonders hohen Einfluss auf die Skriptorien des Frankenreichs.
Interlinearglossen (s. Glossen)

J

Jüngerer Lorscher Stil (s. Lorscher Schreibstile)

K

Kanontafeln

Konkordanztabellen zu den vier Evangelien, die auf Eusebius von Caesarea (gestorben 337/40) zurückgehen. In zehn Tabellen (canones) sind inhaltlich übereinstimmende Passagen aus den vier Evangelien zusammengestellt. Hierzu waren die Evangelien in Sektionen eingeteilt und diese durchnummeriert worden. Die Kanontafeln beginnen mit Sektionen, die in allen vier Evangelien vorkommen (Kanon I). Darauf folgen die verschiedenen Kombinationen von inhaltsgleichen Stellen bei drei (Kanon II-IV), danach bei zwei (Kanon V-IX) Evangelisten. Am Ende sind die singulären Stellen eines jeden Evangeliums aufgelistet (Kanon X).

In Handschriften sind die Kanontafeln, meistens auf zwölf Seiten verteilt, den Evangelien vorangestellt. Die tabellenartige Gliederung inspirierte von Beginn an zur Ausschmückung, i.d.R. mittels architektonischer Motive wie Säulen und Rundbögen, die häufig mit ornamentalem, vegetabilem oder auch figürlichem Schmuck „belebt“ wurden. Unter den Evangelienhandschriften aus Lorsch befinden sich mehrere mit verzierten Kanontafeln, z.B. das „Seligenstädter Evangeliar“ (Darmstadt, ULB, Hs. 1957, foll. 10r-15v).

Karolingische Minuskel
Entspricht im Grunde unseren heutigen Kleinbuchstaben. Geschaffen unter Karl dem Großen seit Ende des 8. Jh., verdrängte sie im Frankenreich die zahlreichen merowingischen Minuskelschriften mit deren unterschiedlichen Buchstabenformen und verbreitete sich auch in Norditalien und, mit einiger Verzögerung, später auch im christlichen Spanien und auf den britischen Inseln. Diese Entwicklung führte zu einem mehr oder weniger einheitlichen europäischen Schriftwesen vom 9. bis ins 12. Jh. hinein.
Klammerglosse (s. Glossen)
Kolophon
Vermerk am Ende eines Textes, der Hinweise zu Entstehungszeit, -ort und Schreiber geben kann. Davon zu unterscheiden sind einfache Schreibervermerke/-notizen (z.B. über die Beschwerlichkeiten des Schreibens).
Kursive Schriften
Entstanden im Unterschied zu kalligraphischeren Buchschriften als Gebrauchsschriften. Dadurch sind sie insbesondere durch einen bewegteren Duktus geprägt und streben mehr (als Minuskel- oder Majuskelschriften) nach Verbindung der Buchstaben.
Kustode (s. Lage)

L

Lage
Ineinandergelegte Doppelblätter, die zusammengeheftet werden. Eine Handschrift besteht i.d.R. aus mehreren Lagen. Im Mittelalter setzte sich eine Lage meist aus vier Doppelblättern zusammen. Die Lagen einer Handschrift wurden als Hilfe für den Buchbinder oftmals durchgezählt. Die Zählung der Lagen ging einer Blatt- und Seitenzählung zeitlich voraus, die letzteren wurden erst im Laufe des Mittelalters angewandt. Die Lagenzählung befindet sich meist am Ende einer jeden Lage, normalerweise am unteren Rand der letzten Seite, und ist häufig durch spätere Beschneidung der Blattränder verlorengegangen. Es gibt unterschiedliche Arten der Lagenzählung. (1) Kustoden: Nummerierung der Lagen. In den Lorscher Handschriften handelt es sich hierbei meist um römische Ziffern oder Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge. (2) Reklamanten: das erste Wort der folgenden Lage wird auf der letzten Seite wiederholt. Um die Zusammensetzung einer Handschrift zu bestimmen, stellt man eine sog. Lagenformel auf, aus der Anzahl und Umfang der Lagen hervorgehen.
Lauresham (lat. „Lorsch“; adj. Laureshamensis „von Lorsch / Lorscher“)
Historische Namensform für Lorsch, die in verschiedenen Varianten schon seit dem 9. Jh. belegt ist. In Besitzvermerken des Spätmittelalters kommt besonders häufig noch Laurissa bzw. das zugehörige Adjektiv Laurissensis vor.
Ligatur (lat. ligatura „Verbindung“)
Buchstabenverbindung. Es gibt zwei verschiedene Definitionen: (1) im engeren Sinne meint Ligatur eine Verbindung von Buchstaben, wobei sich beide Buchstaben einen gemeinsamen Bestandteil teilen, z.B. NT, oder (2) im weiteren Sinne bezeichnet sie jede Buchstabenverbindung, solange sich die übliche Buchstabenform verändert, z.B. re oder st in München, BSB, Clm 21218, fol. 3v, linke Spalte, Zeile 2 recte certus est.
Lorscher Schreibstile
B. Bischoff unterteilte die Schrift des Lorscher Skriptoriums in dessen Blütezeit vom Ende des 8. bis Ende des 9. Jh. in vier Schreibstile. Dabei handelt es sich immer um Unterformen der karolingischen Minuskel. Um 800 herum war der Ältere Lorscher Stil in Gebrauch. Er ist gekennzeichnet durch starke angelsächsische Einflüsse und Uneinheitlichkeit in den Buchstabenformen. Nach der Periode einer Übergangsschrift und des Saint-Vaast-Stils (benannt nach Gemeinsamkeiten mit der Schrift des Klosters St. Vaast in Arras im heutigen Nordfrankreich) entwickelte sich in der ersten Hälfte des 9. Jh. der Jüngere Lorscher Stil, der für Jahrzehnte das Skriptorium bestimmte. Kennzeichnend für den jüngeren Stil ist die Regelmäßigkeit der Buchstabenformen und des Schriftduktus.

M

Majuskelschriften
Gehen im Wesentlichen auf die Antike zurück und sind Vorbild für unsere heutigen Großbuchstaben. (Fast) alle ihre Buchstaben schließen am oberen und unteren Ende auf gleicher Ebene ab, so dass sie in ein System von zwei gedachten waagerechten Linien passen. In Lorscher Handschriften kommen hauptsächlich folgende Majuskelschriften vor: Capitalis quadrata, Capitalis rustica, Unziale und Halbunziale,daneben auch insulare Halbunziale (s. Insulare Schriften).
Marginalglossen (s. Glossen)
Miniatur (lat. minium „Menningrot“)
Begriff für Malereien in Handschriften. Er wird oft synonym mit Illustration oder Illumination verwendet (s. auch Buchmalerei / Buchschmuck).
Minuskelschriften
Entwickelten sich unter Einfluss der Kursivschriften aus den Majuskelschriften. Sie sind insbesondere durch ausgeprägte Ober- und Unterlängen gekennzeichnet (wie sie auch unsere heutigen Kleinbuchstaben aufweisen). Ihre Buchstaben passen somit in ein Vierliniensystem. Neben der karolingischen Minuskel kommen in Lorscher Handschriften u.a. die insulare Minuskel (s. Insulare Schriften) und die verschiedenen Ausprägungen der gotischen Minuskel (s. Gotische Schriften) vor.
Mischmajuskel
Vermischt Buchstaben verschiedener Majuskelschriften. Als Auszeichnungsschrift sind Mischmajuskeln ein Phänomen insbesondere der spät- und nachkarolingischen Zeit.

N

Nachstoßblätter (s. Vorsatzblätter)
Nazarius
Schutzpatron des Klosters Lorsch, der als rechtmäßiger Besitzer aller Klostergüter galt (z.B. auch der Lorscher Codices; s. Besitzvermerk). Nazarius war ein christlicher Märtyrer, der wahrscheinlich während der diokletianischen Verfolgung um 300 umkam.
Neumen
Im Mittelalter entwickelte Form zur Notation von Melodien. Diese zeigt lediglich den Tonverlauf, nicht aber die absolute Tonhöhe an.
Notazeichen (s. Benutzungsspuren)

O

P

Palimpsest (griech. pálin psestós „wieder abgekratzt“, lat. codex rescriptus „wiederbeschriebenes Buch“)
Bezeichnet einen Beschreibstoff (i.d.R. Pergament), der mehrmals beschrieben wurde. Da im Mittelalter Pergament sehr kostbar war, wurden nicht mehr benötigte Texte abgeschabt und neu beschrieben. Unter den Lorscher Handschriften befindet sich u.a. der spätantike Codex Vatikan, BAV, Pal. lat. 24, der zum Teil nur hier überlieferte Schriften römischer Klassiker, wie z.B. Seneca, in palimpsestierten Texten bewahrt.
Pergament (s. Beschreibstoff)
Provenienz
Herkunft der Handschrift. Im Unterschied zum Entstehungsort bezeichnet man als Provenienzen die Aufbewahrungsorte einer Handschrift, zu denen natürlich auch der Entstehungsort gehören kann. Die Lorscher Provenienz ist oftmals über Besitzvermerke erfassbar.

Q

R

Recto (s. Foliierung)
Reklamant (s. Lage)
Rotulus (lat. rotulus „Rolle“)
Buchrolle, bei der der Beschreibstoff auf einen Stab o.Ä. aufgerollt wird. Es war das gängige Textmedium der Antike, das aus Papyrus bestand. Im Mittelalter wurde er nur selten, etwa im liturgischen Kontext, gebraucht. Unter den wenigen erhaltenen befindet sich der „Lorscher Rotulus“ (Frankfurt/M., StUB, Ms. Barth. 179) aus Pergament.
Rubrik (s. Incipit)
Rubrizierung (lat. rubrum „rot“)
Bezeichnet die Hervorhebung von Buchstaben und Textstellen mit roter (in Ausnahmefällen auch mit einer anderen) Farbe. Dabei kann entweder der gesamte Buchstabenkörper mit roter Tinte geschrieben oder auch nur (leicht) ge- oder unterstrichen sein.

S

Saint-Vaast-Stil (s. Lorscher Schreibstile)
Schreibervermerke/-notizen (s. Kolophon)
Schriftarten
In Lorscher Manuskripten finden sich verschiedene Buchschriften aus der abendländischen Schriftgeschichte. Diese lassen sich in drei Großgruppen einteilen: Majuskelschrift, Minuskelschrift und Kursive Schriften.
Spiegel
Bezeichnet ein Blatt, das auf die Innenseiten des vorderen oder hinteren Buchdeckels aufgeklebt ist (s. auch Vorsatzblätter). Hierfür wurden für mittelalterliche Handschriften oftmals alte nicht mehr benötigte Blätter, sog. Makulatur, verwendet. Man unterscheidet Vorder- und Hinterspiegel.

T

Textschrift (s. Auszeichnungsschrift)

U

Übergangsschrift/-stil (s. Lorscher Schreibstile)
Unziale (lat. [littera] uncialis „zollgroß[er Buchstabe]“)
In der Spätantike entwickelte Majuskelschrift. Im Vergleich zu den Capitalis-Schriften (Capitalis quadrata und Capitalis rustica) besitzt die Unziale rundere Buchstabenformen. In Lorscher Handschriften wurden Majuskelschriften, wie im gesamten Mittelalter, vor allem zur Hervorhebung verwendet (s. auch Auszeichnungsschrift).

V

Verso (s. Foliierung)
Vorderspiegel (s. Spiegel)
Vorsatzblätter
Zwischen Buchdeckeln und dem eigentlichen Buchblock eingefügte Schutzblätter. Man kann zwischen Vorsatzblättern im engeren Sinn (am Anfang des Buches) und Nachstoßblättern (am Ende des Buches) unterscheiden. Oft sind die Vorsatzblätter mit den jeweiligen Spiegeln verbunden, indem das äußerste Vorsatzblatt und der Spiegel aus einem Doppelblatt gebildet wird, im modernen Buchwesen ist das die Regel (hier bezeichnet man Vorsatz- als fliegende Blätter).

W

X

Y

Z

Zeigehände (s. Benutzungsspuren)
Universitätsbibliothek HeidelbergUnesco Welterbestätte Kloster LorschBundesland Hessen